"Erdfeld"
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Die Aufnahme entstand zwei Jahre später, im Juli 1994. Der geplante immanente Prozeß, Veränderungen durch Wachstum, Witterung ... ist bereits gut ablesbar.
Foto: Rolf Sturm

Erdfeld

[1-2] "Bereits 1992 formulierte Dagmar Pachtner in ihrer Arbeit 'Erdfeld' wesentliche Strategien ihrer künstlerischen Arbeit: Auf einem weiten Brachland, dem Bergfeld bei Poing, steckte sie ein zehn auf zehn Meter großes quadratisches Feld ab, enthob es durch eine Erdschüttung wie eine Theaterbühne der Umgebung und legte darauf, in einem weiteren Quadrat von zwei Metern Seitenlänge, ein Stück Wiese an. Dieses Rasenstück korrespondierte mit einer daneben liegenden Betonplatte gleicher Größe.

Mit dieser minimalen künstlerischen Intervention, bei der der prozessuale Aspekt eine starke Rolle spielte, gelang es ihr, die Wahrnehmung auf etwas zu lenken, was ohnehin auf dem Gelände schon vorhanden war. Sie erinnerte an die mikrokosmische Vielfalt der vorhandenen natürlichen Gegebenheiten, indem sie diese mit Hilfe eines künstlichen Arrangements isolierte und in eine Distanz zur Umgebung setzte. Die Konfrontation mit der Betonplatte, einem ästhetisch völlig gleichrangigen Bestandteil dieser Komposition, erlaubte es dem Betrachter, auch die Negation des Vorgestellten zu denken.

So verwandelte sich dieses Quadrat zugleich in ein Zeichen: Es enthielt die Potenz erfahrbar zu machen, was Foucault die Endlichkeit des Lebens nennt. Die unbezähmbare Vitalität, die dem strengen Viereck eingeschrieben war, vermittelte die unendliche Fülle ausdrücklicher Möglichkeiten innerhalb dieses Rahmens – und zugleich die Erfahrung von unentrinnbarer Begrenztheit. Dagmar Pachtner überprüft alle Mittel ihrer künstlerischen 'Kompositionen', inwieweit sie geeignet sind, dass sich an ihnen Partikel einer persönlichen oder kulturellen Erinnerung niederschlagen oder festsetzen können. Indem sie diese als Bilder isoliert und in einen künstlerischen Kontext überführt, verwandeln sie sich zu Metaphern und werden zu reinen Erfindungen der Künstlerin, die gleichzeitig hinter ihren Installationen zurücktritt."

Franz Schneider, aus "Teile einer Erinnerung" im Katalog "Überschreitung", S. 15. 2002